Freitag, 23. August 2013

(K)ein Leben als eine Einbahnstraße

Nachdem mir meine Fahrlehrerin zum Anfang der Woche ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsstörung) vorgeworfen hatte, als ich mal wieder nach einer Autobahnausfahrt in der rechten Spur verweilte, obwohl sie in die Linke wollte, gelang es mir doch gestern den Mantel der Konzentrationslosigkeit abzulegen, indem ich tatsächlich zum ersten Mal vor einer Einbahnstraße fragte, wo darf's denn jetzt lang gehn? Zuvor musste sie stets notbremsen, weil ich in friedlicher Regelmäßigkeit das Schild großzügig übersah. Aber heute soll es allenfalls im weiteren Sinne über Verkehr gehen, damit wir dem Thema aber nicht völlig untreu werden, ist dieser Beitrag als Ampel-System geplant. Na, keine Sorge, d.h. auch nicht das es wieder ein politischer Aufruf mit Wünschen für eine Ampelkoalition wird, sondern soll im übertragenen Sinne demonstrieren, dass Verkehrsregeler sinngemäß richtungsweisend und erklärend sind, selbst wenn auch der Aussagegehalt regelrecht überflüssig ist. 
Wer hat sie nicht als Kind geliebt? Wer liebt sie heute nicht? Ferrero Überraschungseier, kurz: Ü-Ei. Ein Marketing-Paradebeispiel für ein langlebiges Produkt mit einem scheinbar zeitlosen Lebenszyklus. Und die Produktidee ist so genial, wie einfach, dass Generationen von Müttern - selbst die sog. Helikopter-Mütter heute - es nicht vermögen, den Konsum ihrer Kinder einzuschränken.
Wollte unbedingt Patrick haben - hat nich soll'n sein..
 Du hast das süße Element - geht immer bei Kindern. Du hast den Überraschungseffekt - ebenso ein Muss. Du hast den Sammlereffekt - der stetige Konsum ist damit gesichert. Kurzum: Das Suchtpotential ist verführerisch. Nun hatte ich mal Steuerrecht und ich werd das Beispiel in diesem Zusammenhang nie vergessen, dass nämlich Ferrero gerichtlich legitimiert, die Schokolade als den Überraschungseffekt verkaufen konnte. Ja, da muss man lachen und nochmal lesen. Is' aber kein Witz und auch kein italienisches Verfahren, wo man ja alles erwarten könnte, nein, die Figuren seien nicht die Überraschung. Warum ist das überhaupt von Bedeutung. Nun, in Deutschland gibt es ja bekanntlich zwei Umsatzsteuersätze, d.h. nur 7% auf sozus. Grundbedürfnisse wie Zeitung, Pflanzen und eben Nahrungsmittel und für alle anderen die bekannten 19%. 
Jetzt is' es ja so, wie wir alle wissen, dass beim Kauf von Ü-Eiern die Konsumenten z.B. mit einer Mini Waage kommen und die Eier danach selektieren oder manche (ich auch) glauben durch schütteln zu wissen, wo eine Figur (Gewinn) oder Spielzeug (Niete) drin ist. Dass sich nun ein Gericht abkaufen lässt, dass die Konsumenten wiegen, weil sie glauben, dass zu wenig Schokolade dadrin sei oder dass sie schütteln, um sicher zu gehn, dass sich das Gelbe nicht vom Schwarzen trennt, lässt mich wiederum an der Justiz zweifeln.
An die Pinguine erinnere ich mich noch sehr gut - toll ♥
Den Blas-Musiker hatte ich auch - unvergessen!
 Die Fahrschüler wissen natürlich, dass es genau genommen zwei Gelbphasen gibt (gelborange/gelbrot wenn ich mich recht entsinne), soll uns aber an dieser Stelle egal sein, wir beschränken uns auf eines. Dafür stelle ich eine Forderung auf, die sich in eine zum Schulbeginn vieler Bundesländer heiß diskutierte Debatte einfügt. Schule darf keine Pflichtveranstaltung sein! Bei uns ist es ja so, dass wir bis zu einem bestimmten Alter schulpflichtig sind und im Großen und Ganzen die Wahlmöglichkeiten, was wir lernen, sehr eingeschränkt und vordeterminiert sind. Das muss aufhör'n! Ja, ich gebe zu, als Schüler wäre ich dann erst um 9 eingetroffen (zum Wochenende vielleicht sogar etwas später und zu olympischen Spielen gar nicht) und nachmittags hätte man mich auf dem Schulgelände auch nicht mehr angetroffen. Entscheiden ist aber, ich wäre jeden Tag gekommen, und zwar in der Tat völlig freiwillig. Und obwohl ich eine vermeintlich geringere Anwesenheitszeit genossen hätte, wäre mein Lernen und meine Persönlichkeitsentwicklung viel effizienter und ausgeprägter, als im obsoleten Schulsystem gewesen. 

Sicher, an den naturwissenschaftlichen Räumen wäre ich mit einem müden Lächeln vorbei gegangen, den Musikraum hätte ich auf sicher auch niemals von innen gesehn, na und? Fakt ist doch, ich habe mich nie dafür interessiert und dieses Nicht-Interesse wurde allenfalls noch durch die Schule gefördert. Viel sinnvoller wäre es doch, dass diejenigen, die sich dafür interessieren, in kleinen Gruppen auf extrem hohen Niveau und sehr fokussiert mit den wenigen Lehrkörperressourcen arbeiten können. Wenn die Clowns wie ich den Fortgang bremsen, weil sie nicht Willens oder fähig sind, der Story zu folgen, ist das wiedermal eine loss-loss-Situation. Oder Anti-Musiker wie mich - um des Umstands wenigstens einmal im Leben ein Instrument in der Hand gehalten zu haben, mit Holzstäben vorzuführen, während die Musikbegeisterten und talentierten mit Gitarre, Flöte und sonstwas im Klassenorchester brillieren, das kann doch nicht Sinn der Sache sein. Wenn der Bildungs- und Sozialstaat es hinbekäme beides mit dem Ziel der Selbstverantwortung (Subsidaritätsprinzip) zu vereinen, d.h. allgemeine Kürzung oder Abschaffung der Sozialhilfe, dann werden die Schulen auch ohne Schulpflicht und mit offenen Fächerwünschen nicht leer bleiben und die Schüler würden sich produktiv auf ihre Interessen und Talente verteilen und spezialisieren

Die Hochschulen bieten indes ein Vorzeigebeispiel dafür, wie es sinnvoll ist und wie es sinnlos ist. Bei den Geistes- und Sprachwissenschaften herrscht nämlich weitgehend - wie im Schulbetrieb - Anwesenheitspflicht. Das führt dazu, dass die Veranstaltungen an Langeweile und schlechter Qualität kaum zu unterbieten sind - logisch, es gibt ja keinen Anreiz für das Gegenteil, der Saal ist ja zwangsgefüllt. Wenn aus Pflicht stattdessen Freiwilligkeit zum Anwesenheitsmotiv wird, wie es z.B. die Wirtschaftswissenschaften bevorzugen, dann besteht sehr wohl ein Anreiz zu guter Lehre und einen Mehrwert zu liefern und siehe da, wer gut ist, der hat auch gefüllte Säle - selbst mit fach- oder universitätsfremden Interessenten. 

 Die Hochschulen liefern auch einen brillianten Übergang zum abschließenden Thema dieses zweifelsohne schier endlosen Beitrags. Gestern las ich einen Spiegelartikel zum Thema BMI (Body Mass Index). Die wichtigsten Argumente habe ich mal zusammenzitiert:
Die scheinbar widersprüchliche Beobachtung, dass Übergewicht das Überleben begünstigt, nennen Forscher das Adipositas-Paradoxon. Tatsächlich gilt die viszerale Adipositas, bei der der Körper mehr Bauchfett lagert als biologisch sinnvoll ist, als ein wichtiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes. Doch der gleiche Faktor mildert offensichtlich die Folgen, wenn es zur Erkrankung gekommen ist: Diabetes-Patienten mit einem hohen BMI sterben seltener
an den Folgen ihrer Erkrankung als Patienten mit normalem BMI. Das gilt auch dann noch, wenn Risikofaktoren wie Hüftumfang oder Rauchen berücksichtigt werden. Nicht für alle als übergewichtig eingestufte Patienten scheint Abnehmen also ratsam. Außerdem ist nicht jedes Körperfett gleich schädlich. Es kommt auf die Verteilung an. Fettpolster an Oberschenkeln, Po und Armen gelten im Gegensatz zu Fetten im Bauchraum nicht als gesundheitsgefährdend und sollen sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes schützen. Der Grund: Bauchfett kann schädliche Fettsäuren abgeben und Zytokine in den Körper schicken, die Entzündungen
hervorrufen. Hüft-, Oberschenkel- und Gesäßfett hingegen fängt diese Fettsäuren wieder ein und hindert sie daran, sich an Leber oder Muskeln festzusetzen, wo sie gesundheitliche Probleme verursachen können. Auf der Suche nach einer Alternative zum BMI haben Forscher zum Beispiel die Waist-to-Height-Ratio (Naja) vorgeschlagen, bei der man den Taillenumfang durch die Körpergröße teilt. "Wir benötigen dringend akkurate, praktikable und kostengünstige Methoden, um Gesundheitsrisiken von Übergewicht beurteilen zu können." Dafür müsse die Verteilung des Körperfetts ebenso berücksichtigt werden wie die Rolle von Hormonen, Zytokinen und anderen biologische Indikatoren.
Trotz alledem erzählen uns Ernährungsberater immer den selben Unfug. Iss mehr/nur Obst, Gemüse, Vollkorn und fettarmes Fleisch. Und wir glauben es, selbst wenn wir wissen, dass es Quak ist. Rein medizinisch ist es ja völlig gleich, ob wir Weizen oder Vollkornprodukte essen. Über die Hälfte der Menschheit wird gar nichts mit dem Begriff Vollkorn anfangen können, weil Brot z.B. typisch deutsch ist, dennoch leben aber Menschen in anderen Kulturen daher nicht kürzer oder keiner käme perse diesen zu unterstellen, sie lebten ungesünder. Oder wenn der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer erst einmal loslegt über die Pestizide in Obst oder Gemüse zu referieren, wird ebenso schnell klar, die richtige Ernährung ist keine Einbahnstraße. Warum wird es uns erzählt? Weil es so gelehrt wird in den Unis. 

Wie bei den Wirtschaftswissenschaften, wo man z.B. heute noch ein Zitat wie "5% mehr Inflation sind mir lieber als 5% mehr Arbeitslosigkeit", wo meine hochgebildeten Leser sofort lachen, da sie wissen wie kurzsichtig und irrsinnig diese Aussage ist. Denn ja, Inflation erhöht die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage, die Unternehmen möchten ihre Arbeitsnachfrage ausdehnen und die Arbeitslosigkeit sinkt, doch entscheiden dabei ist bekanntlich der Reallohn, d.h. die Relation aus Nominallöhnen zum Preisniveau, welches zu sinkenden Reallöhnen bei Inflation führt, was aber wiederum jeden vernüftigen (das Thema rationale Individuen in Modellen muss an dieser Stelle entfallen) Arbeitnehmer dazu veranlasst, bei seiner nächsten Lohnrunde höhere Löhne zu fordern, um den Reallohn wieder aufs Niveau vor der Inflation zu heben. Die Unternehmen werden spätestens nah längeren Streiks einlenken und der Effekt hätte sich neutralisiert. Ach, was! Wir wussten es ja vorher..

Analog ist es beim BMI. Die genetische Bedeutung ist gleichmehr viel höher, denn die Ernährung. Und "5% mehr Kohlenhydrate anstatt 5% mehr Fett" wäre genauso Unsinn, als zwar wiederum zunächst pro 1g Nahrung 5 Kalorien weniger auf dem Speiseplan stünden, doch die Rechnung ohne den Organismus gemacht wurde, der ein Hormon auf den Plan ruft, um den Fettstoffwechsel anzuregen und den Effekt zu kompensieren. Ach, was! Wärst du mal nicht in die kognitive Einbahnstraße gefahren.. Das Mode-Synonym für Einbahnstraße ist ja inzwischen auch Alternativlos, wir wissen aber spätestens aus der Fahrschule, es gibt immer Alternativen und die sind oft die besseren!

2 Kommentare:

  1. ich hab als kind die ü-eier nur wegen des spielzeugs gekauft, und die schokolade immer weggeschmissen. XD die finde ich bis heute wirklich ekelhaft, genauso wie kinderriegel...versteh nicht, wie man das lecker finden kann.^^

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  2. Ü-Eifiguren, das waren noch Zeiten. Von denen auf dem rechten Bild hatte ich auch ein paar.
    Du bist wirklich immer total schnell mit dem Kommentieren, da komme ich gar nicht hinter her :)
    Du hast Recht, ich stehe total auf Zimt. Eigentlich mache ich fast überall Zimt drauf.
    Ich habe mal gelesen, dass mexikanisch eher viele Kalorien hat. Ich weiß nicht ob das stimmt, aber nach wenig Kalorien sah das jedenfalls nicht aus. Meistens ist ja viel Fleisch in den gefüllten Sachen, als Beilage gab es oft Pommes oder Kartoffelecken und eigentlich immer Reis... Ich denke, ein erwachsener Mann wird davon auch satt ;)
    Gefühlte 17 klingt doch gut. Ob ich das in einigen Jahren auch noch sagen kann, ist eher fraglich...
    Nina Ruge kenne ich gar nicht. Ist das eine Bildungslücke oder muss ich die nicht kennen? :D
    Ich glaube, unsere Geschmäcker sind wirklich sehr unterschiedlich. Wenn irgendwann mal etwas für dich dabei sein sollte, ist das wohl ein ziemlicher Glückstreffer...
    Liebe Grüße :)

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