Freitag, 19. Juli 2013

David Hume is my constant

Ich möchte mich zu diesem Wochenendbeginn mit dem Thema „Muse“ beschäftigen. Wer kann sich in diesem Kontext als besserer Maßstab dafür eignen, als jemand, der Immanuel Kant und Adam Smith in ihren Gedanken nachhaltig inspiriert und beeinflusst hat. Die Rede ist vom schottischen Aufklärer David Hume. Jeder, der sich noch an eine der ersten Stunden seines volkswirtschaftlichen Studiums in Mikroökonomie erinnert, dem wird einfallen, dass ihm dort ein Typus Mensch begegnet ist, das rationale Individuum, das Grundlage nahezu aller Modellansätze ist. Ein Ansatz, der große Denker und Erkenntnispraktiker/-theoretiker, wie Kant und Hume, aus Neigung zur Vereinfachung und Modellierbarkeit im Kern ignoriert und übergeht. Ein großer Fehler, wie die letzten Jahre zeigen konnten.
Als guter Kenner aufklärerischer Werke, möge man nun intervenieren, dass es doch Hume gewesen sei, der gerade den Handelskapitalisten als Demiurg und die „Hefe im zivilisatorischen Gärungsprozess“ bezeichnete. Das mag stimmen. Diese Erkenntnis würde ich zumindest auch nicht ohne Vorbehalt unterschreiben und das als überzeugter Diplom Kaufmann. Im ersten Gedanken dürfte die gesellschaftliche Einordnung sogar verwundern, mithin widersprüchlich erscheinen, als Hume bekanntlich die Blütezeit der schottischen Aufklärung aufsog. Doch ist zu bedenken, dass Hume’s Idealbild einer Volkswirtschaft sich durch Offenheit, Wettbewerb und Fortschrittsorientierung auszeichnet bzw. charakterisiert. Er war sogar so weit- und scharfsinnig, dass er den Nutzen des freien Handels – für arme und reiche Länder, vor allem aber auch die Armen -, ökonomisch goldrichtig erkannte. Und dabei wies er auf einen wichtigen Begriff hin, die Homöostase.
Der einfach halber arbeiten wir aber mit dem Begriff Gleichgewicht weiter. In der Ökonomie entsteht dieses klassische Gleichgewicht am Markt bzw. über den Marktmechanismus. Wir kennen diesen Mechanismus als Preis, der Angebot und Nachfrage zusammenführt und Ungleichgewichte so steuert, dass das Gleichgewicht zurückkehrt. Insofern findet ein ständiger Anpassungsmechanismus statt. Heute wissen wir in der Wissenschaft allerdings auch, dass die von Hume postulierte oder zumindest so interpretierte Monokausalität aus Geldmengenerhöhung als Auslöser positiver wirtschaftlicher Entwicklung über Preissteigerungen, differenzierter zu betrachten ist. Dieses wiederum verdanken wir aber eben jenem Fokus auf rationale Erwartungen, die dazu führen, dass die Akteure ihre Erwartungen mittelfristig in den Lohnverhandlungen an die Preissteigerungen anpassen. Das kann tatsächlich positiv sein, muss es aber nicht. Befragt mal zurzeit einen Studienrat eines Berufskollegs in NRW dazu. Um das Ganze nicht ins zu Ökonomische ausufern zu lassen, widme ich mich nunmehr wieder dem Gedanken über die Produktivität geistigen Austausches und Erbes zu. Nicht aber um mit einem treffenden Zitat abzurunden:

Luxus ist die Quelle vieler Übel, wenn er ausschweifend wird, doch ist er Faulheit und Müßiggang grundsätzlich vorzuziehen (…)

Hume erkannte einen Kreislauf aus menschlichen Bedürfnissen, dessen Befriedigung wiederum zur Aufnahme von Arbeitstätigkeit führe und die für wirtschaftliche Entwicklung sorgt. Er ging aber noch tiefer in den menschlichen Geist hinein, indem er Sinneseindrücke von Ideen unterschied. Seine These ist, dass erst Sinneseindrücke ursächlich und Boden für Ideen sind. Ich kehre kurz in mich und erinnere mich an meine täglichen ein, zwei oder mehr Laufstunden in der Natur, ehe es Klick macht. Ja, natürlich; das Laufen ist eine Oase an Sinneseindrücken, die erklären könnten, warum ich während des Laufens nur so vor Ideen sprühe, die wiederum in Erkenntnis münden können. Ähnliche Logik lässt sich aus seiner Behauptung, dass der Verstand nichts ohne seine Sinne ist bzw. die Sinnesaufnahme mithin stets das primäre Ereignis ist, schließen.
Ich versetze mich in ein kleines Kind, das einen unangenehmen Geruch riecht und darauf hin zu der einfachen Erkenntnis gelangt: Ich will weg hier! Übrigens definiert er Sinneseindrücke als Perzeptionen, während Ideen Erfahrungen oder Vorstellungen seien. Er negiert indes sogar, dass Erfahrungslernen möglich sei, indem er dafür der Gewohnheit die Verantwortung zuschreibt. Die Bedeutung der Gewohnheit ist mir im Leben stets positiv begegnet und genießt daher auch eine angemessene Bedeutung. Soweit gehen, wie Hume, möchte ich in diesem Punkt nicht, wohl aber erkenne ich an, dass Gewohnheit in seinem Essential über dem Erfahrungslernen steht. So ermöglicht es uns z.B. doch, komplexe Dinge durch tägliche Anwendung der einfachen Ausübung  zu überführen.
Damit zurück zur Wissenschaft. Die zwei am häufigsten angewandten Erkenntnismethoden dürften zweifelsohne Induktion und Deduktion sein. Hume nun besitzt den Mut, die Induktion als unzulässig zu erklären. Das sog. Hume-Problem, nichts anderes als ein Fehlschluss der Induktion, bedeutet, dass der Beweis einer Erkenntnis des Spezialfalles nicht verallgemeinerbar und damit auch nicht legitim ist. Exkurs: was war noch gleich Kausalität? Wenn ich z.B. zu einer Frau sagte, ich möge sie nicht (Ursache) und sie daraufhin sauer ist (Wirkung) dann kann dies in der genannten Kette eine kausale Beziehung sein, muss natürlich nicht, als sie auch sauer sein kann, weil der Hund des Nachbars bellt oder oder. Hume erklärt nun, dass wenn ich freundlich zu der Frau bin und sie es dementsprechend zu mir ist, dann heißt das noch lange nicht, das dieses bei jedem und jederzeit in der Zukunft auch so sein wird. D.h., die positive Erfahrung gegenseitiger Freundlichkeit aus dem Beispiel, würde, wenn man sie nach Induktionsprinzip verallgemeinere, voraussetzen, dass dieses in Zukunft auch so sei. Für jeden dürfte aber gleichzeitig schnell erkennbar sein, dass dem nicht so sein muss. Zur Irrationalität weiß Hume auch einen sehr anschaulichen Vergleich, indem er Vernunft als die „Sklavin der Leidenschaft“ betrachtet. Auf Kant’s späteren, pflichtfordernden Aufruf zur kritischen Urteilsfähigkeit und der Überwindung der Unmündigkeit, wusste Hume bereits zu empfehlen: „Bleib nüchtern und vergiss nicht skeptisch zu sein“.

Mein persönliches Fazit zu diesem kurzen Digest: Erkenntnis ist das Bedürfnis eines gesunden Geistes. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen