Freitag, 23. Oktober 2015

Die Zukunft lebt, tot ist die Zukunft!

"Ich bin an ihr vorbeigegangen, wie ein Mensch, 
der alles im Leben hat, nur keine Zeit. 
Die Pointe aber ist, ich habe nichts im Leben, außer Zeit".

"Alles was schief gehen kann, geht auch schief, aber ich setze trotzdem sehr auf den Genossen Zufall, und das ist unser bester Verbündeter", sagte einmal der deutsch-polnische Publizist Henryk M. Broder. Gestern gehe ich wie an jedem dieser Donnerstagnachmittage eilig und zielstrebig über die Königsstraße Richtung Schloßplatz. Kurz nach dem Rothebühlplatz taucht eine Gestalt vor mir auf, unauffällig, stand sie nun da. In etwa einen Kopf kleiner, lange, schwarze Haare, sehr hübsch. "Hi" sagte sie, und es strahlt als würde eine Welle der Begeisterung die Flaniermeile fluten. In bester Frank Elstner-Manier streckt sie ihre Arme zur Seite, offenherzig, willkommen, als wollte sie damit sagen, auf mich hat deine Welt gewartet. Später werde ich es einen magischen Moment nennen. Wenn du eine Botschaft an fremde und so vielfältige Menschen hast, dann kannst du diesen Augenblick, ganz gleich welche Botschaft du hast, nicht perfekter transportieren, als mit ihrem Charisma, abgeschaut und gelernt von der aufgehenden Morgensonne.

 Stefanie Heinzmann - On fire 

"Sorry" antworte ich flüchtig, und gehe an ihr vorbei. Bereits wenige Meter später ereilt mich die Frage, was konnte sie gewollt haben, für wen oder was hat sie Hilfe ersucht oder Werbung gemacht, keine Flyer, keinen Fragebogen in der Hand, der Gedanke zurückzugehen, schließt sich an. Der Reflex der Unnahbarkeit, des Weghörens und der Flucht war authentisch, konsequent, so wie immer. Aber das Verrückte, die Situation umzukehren, und das verkehrte Rollenspiel mitzuspielen, zuzuhören und eine Chance zu geben, blieb aus. Was bleibt, sind Selbstzweifel und -vorwürfe, offene Fragen und die Gewissheit, in diesem Leben nicht mehr zu erfahren, wer dieser Mensch war und wofür sie mit anderen gekämpft hat. Mich macht das traurig.

"Von Parallelgesellschaften aufmerksam machen, das, liebe Freunde, 
ist der Gipfel der Verlogenheit und eine solche Scheinheiligkeit
 wird vor den Menschen wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen, 
deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung 
und Begrenzung von Zuwanderung fordern". (Angela Merkel 2003

"Italien ist gefordert, aber bei Weitem noch nicht überfordert", sagte der Innenminister Thomas de Maizière 2011 über den Vorschlag, die steigende Anzahl der nordafrikanischen Flüchtlinge auf Europa zu verteilen. Da darf man gespannt auf die Antwort von Matteo Renzi im Jahr 2015 sein. Die abschließenden Worte gebühren meinem Vorredner. "Deutschland hat ein Monopol auf das Gebot der Menschlichkeit. Der Motor des Fortschritts in der islamischen Gesellschaft sind eindeutig die Frauen und eine Gesellschaft in der die Hälfte der Gesellschaft damit beschäftigt ist, die andere Hälfte zu unterdrücken, diese Gesellschaft wird keinen Fortschritt erleben und keinen Schritt nach vorne machen, wenn sich dieser Mechanismus nicht ändert. Diese muslimischen Frauen sind wirklich diejenigen, die das meiste Risiko eingehen und am meisten von uns im Stich gelassen werden" (Henryk Broder 2008). Akkulturation oder schöpferische Zerstörung nach Schumpeter, willkommen in Deutschland.

"Das grenzt an Untreue im Amt. Frau Merkel hat einen Eid geleistet, 
den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren, Schaden von ihm zu wenden, 
und zur Zeit passiert genau das Gegenteil. Sie hat keinen Eid geleistet, 
die Probleme der EU, der Griechen oder der Ungarn zu lösen".
(Henryk M. Broder über die Politik in der Europäischen Union 2016)

Sonntag, 18. Oktober 2015

Es trifft immer die Schwachen...

"Den Syrern ist es nicht gelungen, ihren Diktator Assad zu stürzen. 
Aber sie haben das Potenzial, Frau Merkel zu stürzen." (Murat Erdogan)
© Giorgos Moutafis/Reuters (in: Bild Zeitung vom 17.10)

Liebe Politik, das ist auch das Sinnbild für jahrzehntelange europäische Rüstungs-, Außen-, Wirtschafts-, Innen- und Flüchtlingspolitik. Ein junges Mädchen muss bei und kurz vor der Rettung an der griechischen Landesgrenze ihr Leben lassen. Was hat sie der Welt schlechtes getan, dass das Schicksal sie mit dem Leben bestraft? Europäische Flüchtlingspolitik hieß und heißt ganz  im Sinne der Darwin'schen Evolutionstheorie: "Survival of the Fittest". Während die Gelder für menschenunwürdige Flüchtlingscamps im Libanon oder in Jordanien, wo 80% Frauen und Kinder dahinvegetieren und darben, gekürzt werden, werden die, die es bis zum gelobten Land schaffen, willkommen geheißen und gefeiert. Diese politische Welt ist so derart pervertiert und zu tiefst ungerecht, dass man vor allem darüber bestürzt und fassungslos sein muss. Einfach unerträglich, dass die Hilfe nicht nach dem Grad der Bedürftigkeit ausgerichtet wurde, und damit die Schwachen, Frauen und vor allem Kinder, in ihrer Not allein gelassen wurden, zwischen zwei hoffnungslosen Alternativen. Bei der missglückten Rettungsaktion konnte kein Kind überleben. 

Flüchtlinge hätten eine positive Wirkung auf den Demografie-Wandel in Deutschland, würden den Fachkräftemangel lindern und seien in die Gesellschaft integrierbar. Das lässt sich vorzugsweise bei grünen Politikern aus der zweiten Reihe hören, Frau Merkel ist gleichwohl vorsichtiger und cleverer, lässt sich nur mit einem einfachen "Wir schaffen das" zitieren. Natürlich kann die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einem BIP von 3 874,4 Mrd-US-$ (2014) mehrere Millionen Flüchtlinge aufnehmen, zweifellos, aber wie, und zu welchem Preis? Um zu wissen, dass die muslimische Weltsicht nicht mit unseren demokratisch-westlichen Werten kompatibel ist, braucht man nicht studiert haben, das darf man Hrn. Buschkowsky glauben. Umso unverständlicher ist diese Politik. Kinder zu integrieren ist einfach und schnell lösbar, die haben noch keine feste Wertestruktur, die können unfassbar schnell lernen, Sprache, Ethik. Stattdessen sind unter den eine Million Flüchtlingen in Deutschland aber 80% junge, erwachsene Männer. Wie die das deutsche Demografieproblem lösen, konnte mir auch noch keiner biologisch erklären. Bis dato war ich mir sicher, dass nur Frauen Kinder gebären können

Deutschland hat eine Arbeitslosenquote von 6,5% (saisonbereinigt; 2015), das ist weit weg von Vollbeschäftigung. Und wenn von Fachkräftemangel gesprochen wird, dann meint das politisch-hausgemachte Probleme: Rente mit 63 (ab 45 Beitragsjahren), keine ausreichende IT-Bildung in Schulen, falsche strukturelle Anreize. Egal, ob Mangel an Hochqualifizierten im MINT-Bereich oder fehlende Hausärzte im ländlichen Bereich, diese Flüchtlinge werden diese Probleme nicht beseitigen. Das herbeizuwünschen, hilft weder uns, noch diesen Zuwanderern, ganz im Gegenteil. So kommt der Ökonom und Rentenexperte Hr. Raffelhüschen zum sachlichen Schluss, die Flüchtlinge würden die sozialen Sicherungssysteme nicht stärken, sondern eher belasten. Es mag gut gemeinte Politik sein, aber sie bezweckt das Gegenteil. Die nüchterne Realität ist, es wird zu großen Verteilungskonflikten auf dem Arbeits- und Wohnmarkt, sowie in den Sozialsystemen kommen, und es wird ethische Konflikte geben. Die Politik muss diese Wahrheit aussprechen und Antworten geben. Maßnahmen, wie dass der Mindestlohn sofort ausgesetzt werden müsste oder Asylsuchende nicht nach Herkunft, sondern nur nach Qualifikation beurteilt werden dürften, werden unerlässlich sein, andernfalls wird Fr. Merkel 2017 tatsächlich gestürzt. Und ich bleibe dabei: Helft den Schwachen, den Kindern, die ihre ganze Zukunft noch vor sich haben, und die damit den höchsten Schutz genießen müssten, und schaut nicht länger zu, wie gerade deren Perspektive und deren Leben genommen wird. Das muss die allererste Priorität sein, und nichts und niemand sonst.

Montag, 5. Oktober 2015

1961

 "Uns treibt die Kraft aus dem was uns verbleibt."
(Deanie in Fieber im Blut)
 
Der langjährige Leser weiß, es ist meine Tradition sonntagabends um 20:15h den Klassiker auf Arte zu sehen, gleich ob 1940er, '50er oder 1960er Jahre, das verspricht stets Anspruch und Klasse, was Arte dort aus der Filmgeschichte hervorzaubert. Die besondere Atmosphäre, der relativ technische Rückschritt und die Schauspieler faszinieren mich Monat für Monat auf's Neue. So war es auch gestern. Und warum ich das ganze so plötzlich erzähle? Es war das berührendste Filmende, an das ich mich je erinnern kann, ein Ende, das Dich, das Jeden tief bis ins Mark trifft. weil es ehrlich ist, weil es das Leben ist, Du kannst es hassen, Du kannst es bedauern, aber das ist die Wahrheit. Hart. Echt. Leer. Am Ende sitzt Du da, und glaubst, da hat dir gerade jemand Dein Herz rausgerissen. Fassungslos. Schonungslos. Regungslos. Unendlich traurig. Eine bittersüße Verneigung vor dem Leben. 

Das Lexikon des internationalen Film schreibt dazu: „Das Drehbuch zu dem ausgezeichnet gespielten Film schrieb der Dramatiker William Inge, dessen Stärke die lebensnahe Schilderung der provinziellen Mittelklasse seines Landes war.“ Und zwar mit Recht! Was die junge Natalie Wood als Deanie und der Frauenschwarm Warren Beatty als Bud anno 1961 ge- und verzaubert haben, ist zeitlos. Dabei spielen sie die Hauptrollen in dem "Oscar-prämierten Drama über das Scheitern einer Liebe im puritanischen Kansas der 1920er Jahre". Und anno 2015 sitzt Du da, sprachlos, und denkst, halt, nein, das ist meine Geschichte - und dir laufen die Tränen über die Wangen. 

Und das ist wirklich auch ein Liebesdrama mit Substanz und Zeitgeschichte, allein wie damals der gesellschaftliche Blick auf psychisch erkrankte Menschen war, geächtet und beschämend für die Familie. Und dabei ist es nur zu menschlich, mit diesem Schicksal alles in Frage zu stellen, sich, das Leben, den Sinn, und umso erfreulicher, dass man heute auch Respekt vor den Menschen hat, die sich in eine psychosomatische Klinik begeben. Wenn jemand den Film kennt, bin sehr gespannt auf das seine Urteil, Arte zeigt übrigens am Dienstag um 13:50h nochmal eine Wiederholung.
 
Ja, wöchentlich sehen wir Menschen, die einander ähneln, so zum verwechseln ähnlich, dass wir sie kaum zu unterscheiden vermögen, und doch verbietet sich jeder Vergleich, weil so viel mehr dahinter steckt. Ma war (mein) Alles. Der Kopf. Der Witz. Das Gesetz. Und es ist bedeutlungslos wie oft ich glaube sie zu sehen, nur wenn ich zurücksehe, sehe ich die Wahre, umso größer mein Respekt vor den Menschen, die den Schmerz, die große Liebe verloren zu haben, zu überwinden imstande sind. Ich bin es nicht und deswegen stehe ich da, wo ich heute stehe...

 Herbstmusik 2015
Ivy Quainoo - Wildfires
Madeline Juno - Like Lovers Do 
(aus ihrem weltklasse Album "The Unknown", persönlicher Favorit: "Do It Again")
Mark Oh - When The Children Cry