Dienstag, 13. Januar 2015

Wo Freud' und Leid sich treffen ✍

"Der Mund wird nicht süßer, indem er 'Honig, Honig' sagt."
(Türkisches Sprichwort)
©focus.de
Ohne Zweifel, der Tweet of the week, erstens weil die junge Dame Recht hat, zweitens weil sie es in sehr charmante Worte packt, und drittens weil sie doch Unrecht hat.

Als gelernter Wirtschaftspädagoge und Versicherungsfachmann bewegt und berührt mich diese Schnittstelle gleichwohl qua Vita. Meine Top 5 dazu, und warum sie doch nicht immer ganz die Wahrheit trifft.

I. 'Das Leben ist ungerecht' - spätestens, wenn wir unsere erste mündliche Note im Schulsystem bekommen, lernen wir, was Ungerechtigkeit bedeutet. Die Beurteilung ist subjektiv, selten leistungsgerecht und unwiderruflich. 

II. 'Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.' - im Laufe unserer Schulkarriere wird jeder Menschen begegnen, denen er (un-)sympathisch ist, ob berechtigt oder nicht, bleibt belanglos, viel wichtiger jedoch ist die Chance, individuell gefördert zu werden, die sich damit verbindet. Das ist wie mit der perfekten KiBa; du kennst das beste Mischverhältnis, allein die Bananensaftöffnung will sich mit deiner Händegeschick nicht öffnen lassen. Später heißt das dann irgendwie 'netzwerken', oderso, aber wir wissen bereits um diese Bedeutung und das kann sehr wert- und nachhaltig werden.

III. 'Das Leben ist eine desavouierte Qual' - vielleicht kennt jemand noch diese uncharmante Art, Klausuren kommentiert vor der versammelten Schülerschaft zurückzugeben, und das Ganze noch mit einer Prise Sarkasmus, wenn die Rückgabe chronologisch von schlecht nach gut erfolgt. Und aus dem Deutsch-LK kannte ich dazu sogar noch das Gesetz der gleichen Note - Gleichheit hier aber weniger im aufklärerischen Sinne-, immerhin hatte ich die kürzeste Wartezeit von allen; in jedem Ei steckt eben doch ein wenig Sonne.

IV. 'Jeder ist sich selbst der Nächste' - an keinem Ort fließen derart viele Tränen und Blut, so dass du damit  ganze Grabstätten begießen könntest. Schulen sind die modernen Kriegsschauplätze. Es geht nicht mehr um's Leben, sondern nur noch um's Überleben. Ganztagsschulen sorgen gewissermaßen für Dauergemetzel und es werden Hass und Verdrändungskampf im Sinne der Darwin'schen Evolutionstheorie geschürt. Und da braucht sich, meine und liebe Freunde der Nacht, niemand von freisprechen. Survival of the fittest!

V. 'Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt' - außer Frage, Wittgenstein war ein großer Philosoph, doch bräuchten wir gar nicht bis nach Österreich schauen, als es auch hier große Bildungsvordenker mit Wilhelm von Humboldt, Wolfgang Klafki oder Herwig Blankertz, um nur einige wenige zu nennen, gab, die der Bildung's Sinn begründeten.  Klafki's didaktische Analyse gibt der "Naina" in seiner didaktischen Analyse freilich sogar Recht , indem er von der Bildung sowohl Gegenwarts- als auch Zukunftsbezug, sowie exemplarische Bedeutung, Sachstruktur und Zugänglichkeit einfordert, doch da beißt sich der Hund in den Schwanz, denn "Was Hänschen nicht lernt wird Gretchen ihm schon beibringen" ist Quak, richtig ist doch: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr". Wenn der Staatsdiener vorne am Pulk schon nichts von Versicherungen versteht, ja, woher soll's denn in den Weiten des Klassenraums kommen? Wahr ist aber auch, und das ist auch das neuhumanistische Erbe Humboldt's (Hüter der Allgemeinbildung) und Blankertz (Kämpfer für die berufliche Bildung), dass es neben dem Dualen Ausbildungssystem in der Welt kein durchlässigeres Bildungssystem als das Unsere gibt - du kannst zu jeder Zeit, in jedem Alter und an jedem Ort die allgemeine oder fachlichorientierte Hochschulreife erwerben, wenn du Gas gibst und nicht wie Hänschen in die Luft guckst. Das sind doch wenigstens Werte, Erfahrungen und Eintrittskarten, die jeder mit in die Freiheit nehmen kann, und auf individuelle Bildungswünsche, etwa nach Steuern, hätte schon Kant geantwortet: "Aufklärung ist die Maxime, selber zu denken."

3 Kommentare:

  1. Der Ton macht die Musik. Ich sage ihm ja nicht auf beleidigende Art und Weise, warum ich da bin, sondern einfach offen und ehrlich, freundlich, mit einem Lächeln auf den Lippen. Klar, ÜBerheblichkeit wäre fatal...
    Aber du hast recht. Anwesenheitspflicht sagt viel über eine Veanstaltung aus. Wir hatten einen Gott in Musikgeschichte, da war keine Anwesenheitspflicht. Man musste nur die Prüfung bestehen, wie war jedem selbst überlassen. Ich habe keine Minute verpasst, der Typ ist einfach genial. Der hatte das nicht nötig, uns einzukerkern! Bei solchen Versnstaltungen wie diese Woche prügelt mich der Schein in den Saal. Sonst wäre ich schon längst weg! Aber eben, noch zwei Tage:)
    Den Tweet habe ich auch gesehen. Sie hat so unglaublich recht! Ich kann sogar lateinische Gedichte analysieren. Sense? Null! Steuern hat mir auch keiner erklärt, da musste Papa ran. Traurig eigentlich...

    AntwortenLöschen
  2. "Schulen sind die modernen Kriegsschauplätze." Du triffst den NAgel auf den Kopf. Punkt.
    Es ist wirklich schade, dass die Bildungsstätten in dem Maße missbraucht werden und durch die existierenden Rangfolgen für die Untersten einen Ort der Qualen und Minderwertigkeit darstellt. Das wird sich wahrscheinlich nie ändern. :(

    AntwortenLöschen
  3. Den Tweet hab ich auch gelesen und ich konnte mich sofort mit ihr identifizieren...jetzt mit 20 blick ich langsam durch das alles durch, was eigentlich wichtig ist. Also der ganze Behördenkram und so. Aber in der Schule geht sowas irgendwie dezent unter.

    Ich hab dann erst mal die C-Lizenz zum Übungsleiter im Breitensport (:

    AntwortenLöschen